
Kinder und Myopie Altersangepasste Myopiekontrolle und Myopiemanagement bei Kindern
Kurzsichtigkeit macht sich bei Kindern meist im Schulalter bemerkbar (Schulmyopie). Sie entsteht durch ein verstärktes Längenwachstum des Augapfels, das auch durch die Seherfahrung beeinflusst wird. Mithilfe des altersangepassten Myopiemanagements können wir ein Fortschreiten bremsen.
Dabei orientieren wir uns am Achslängenwachstum eines altersgleichen normalsichtigen Auges. Damit können wir Abweichungen rechtzeitig erkennen, um Therapien einzuleiten und später deren Erfolg messen.

Myopie und ihre Spätfolgen eindämmen – Sehkraft schützen
Je höher die Kurzsichtigkeit, desto größer das spätere Risiko für Augenerkrankungen wie Netzhautablösung, Makulaerkrankungen, grauen oder grünen Star. Mithilfe der altersangepassten Myopiekontrolle bremsen wir das Längenwachstum des Auges und damit das Fortschreiten der Myopie, reduzieren deren Spätfolgen und schützen die Sehkraft Ihres Kindes.
Myopiekontrolle ab dem 8. Lebensjahr
Anamnese
Weitwinkel Funduskopie
Sehschulstatus
Subjektive Refraktion (Zykloplegie)
Objektive Refraktion
Biometrie (Kontrolle des Augenlängenwachstums)
OCT-Untersuchung
Ophthalmoskopie
Mit ca. 6 Jahren sind die meisten Kinder noch normalsichtig oder leicht weitsichtig. Bei 90 Prozent der kurzsichtigen Kinder tritt die Kurzsichtigkeit nach dem Schulbeginn auf, meist zwischen dem 8. und 15. Lebensjahr, deshalb spricht man auch von Schulmyopie. Im Durchschnitt erreicht sie Werte von -3 bis -6 dpt im Erwachsenenalter.
Je früher die Kurzsichtigkeit beginnt, desto höher sind meist die Werte mit ca. 20 Jahren, wenn in der Regel ein fester Wert erreicht ist.
Zu viel Naharbeit und zu häufiger Aufenthalt in Innenräumen scheinen das Längenwachstum zu fördern. Deshalb sollten Kinder, bei denen erstmals eine Kurzsichtigkeit diagnostiziert wird, täglich mehr als zwei Stunden draußen sein.
Prof. Dr. Hakan Kaymak
Was hat das Längenwachstum des Auges mit Kurzsichtigkeit bei Kindern zu tun?
Bei der Geburt ist das Auge etwa 17 mm lang und wächst in der Regel bis zum Jugendalter auf etwa 23 mm an.1 Die Verlängerung ist im ersten Lebensjahr am größten, wobei die Wachstumsraten gegen Ende dieses ersten Jahres abnehmen. Bis zum Alter von 6 Jahren ist ein Prozess der Emmetropisierung zu beobachten.2 Dabei handelt es sich um einen Mechanismus, der das Augenwachstum steuert, um Normalsichtigkeit (Emmetropie) oder leichte Weitsichtigkeit (Hyperopie) zu erreichen.
Bei einem Ausgangswert von 23 mm entspricht eine Verlängerung des Auges um einen Millimeter ungefähr 2,7 Dioptrien (dpt) Kurzsichtigkeit. Allerdings ist der Zusammenhang zwischen der Refraktion und der Achslänge nicht linear.3 Zum Vergleich: Bei einem Auge von 30 mm Länge und gleichbleibendem vorderem Augenabschnitt ändert sich die Brechkraft bei einer Zunahme der Augenlänge um einen Millimeter um weniger als 1,3 dpt/mm. Aus dem Grund lässt sich ein Fortschreiten der Myopie sicherer durch das regelmäßige Messen der Achslänge feststellen als mit dem Erheben der Refraktion.
Die Augenlänge wächst nicht linear zur Refraktion.
Prof. Dr. Hakan Kaymak
Anhand von Wachstumskurven lässt sich ein verstärktes Augenlängenwachstum erkennen
Wachstumskurven (Perzentilenkurven) kennen Eltern bereits von Kinderärzten. Diese tragen im Rahmen der Voruntersuchungen die Wachstumswerte eines Kindes in sogenannten Perzentilenkurven ab, um sie mit denen gleichaltriger Kinder zu vergleichen. Das Augenlängenwachstum von normalsichtigen Kindern bewegt sich ebenfalls in einem Korridor, der mithilfe von Wachstumskurven darstellbar ist. Diese Kurven dienen uns als Maßstab für den Beginn und die Kontrolle einer Myopietherapie. Unten sehen Sie ein Wachstumsdiagramm mit Darstellung der Achsenlänge (in mm) in Abhängigkeit vom Alter für europäische Studienteilnehmer, Jungen (links) und Mädchen (rechts) und dem Risiko einer Myopie im Erwachsenenalter. Der Prozentsatz der Myopie gibt den Anteil der Myopie mittig über und unter der Prozentlinie an.4
Das hilft gegen Myopie bei Kindern
Mehr im Freien spielen, am besten zwei Stunden täglich.
Ein Leseabstand von mindestens 30 cm oder mehr ist vorteilhaft.
Eine Brille, die den äußeren Bereich nicht mit korrigiert.1
Myopiekontrolle und -therapie Wann sollte mit der Behandlung von Myopie begonnen werden?
Diese Frage kann anhand der Messung der Achslänge des Auges beurteilt werden. Wenn bei der Erstuntersuchung die Achsenlänge eines Auges größer ist als die durchschnittliche Achslänge einer altersgleichen Gruppe von Kindern, die weiterhin normalsichtig (emmetrop) sind, sollte eine Myopietherapie in Erwägung gezogen werden.
Die Myopiekontrolle umfasst die folgende Untersuchungen, die je nach Befund auch nur teilweise durchgeführt werden.
Optische Biometrie und Myopiekontrolle mit dem AMMC-Konzept
Die Erstuntersuchung zur Einleitung einer Therapie führen wir mithilfe der EyeSuite Myopia von Haag-Streit durch. Mit der berührungsfreien Biometrie werden Hornhautradius, zentrale Hornhautdicke, Vorderkammertiefe, Linsendicke und Achsenlänge der Augen ermittelt.
Die Achsenlänge wird nach dem von Prof. Kaymak entwickelten Konzept der Age-Matched Myopia Control (AMMC) mit den Wachstumkurven altersgleicher normalsichtiger Kinder abgeglichen, um ein zu starkes Wachstum sofort feststellen zu können.


Untersuchung mit dem Ophthalmoskop
Wenn ein Kind erstmals zur Myopievorsorge kommt, weil es Schwierigkeiten hat, in der Ferne scharf zu sehen, untersuchen wir auch den Augenhintergrund. Einen ersten Überblick über den Augenhintergrund ermöglicht eine Untersuchung mit dem binokularen indirekten Ophthalmoskop. Damit stellen wir fest, ob das verstärkte Augenwachstum bereits erste Veränderungen der Netzhaut und ihrer Strukturen verursacht hat.
OCT-Untersuchung

Fundusbild der Netzhaut
Ein Fundusbild dokumentiert den Bereich um den Sehnerv (Papille) herum, da insbesondere hier Veränderungen der Netzhaut in Zusammenhang mit der Myopieprogression zu beobachten sind.

Vorträge zu diesem Thema

Myopiebehandlung bei Kindern

Myopie bei Erwachsenen – ein klinischer Einblick

Physiologisches Augenwachstum als Maßstab in der Myopiekontrolle
