
Myopie Kurzsichtigkeit (Myopie) – Ursachen, Risiken und Therapien
Wenn Gegenstände in der Nähe scharf, solche in der Ferne verschwommen wahrgenommen werden, spricht man von Kurzsichtigkeit (Myopie). Weltweit werden immer mehr Menschen kurzsichtig. Myopie entsteht im Kindesalter. Neben genetischer Veranlagung verstärken veränderte Sehgewohnheiten das Längenwachstum des Auges und führen damit zu Kurzsichtigkeit.

Myopie erhöht das Risiko für Netzhaut- und andere Augenerkrankungen und spätere Sehbehinderungen. Regelmäßige Netzhautvorsorge bei kurzsichtigen Erwachsenen ist wichtig, um die Sehkraft zu schützen. Kurzsichtigen Kindern empfehlen wir unsere altersangepasste Myopiekontrolle, um ein Fortschreiten der Kurzsichtigkeit bereits im Kindesalter zu bremsen.

Ursachen Welche Faktoren begünstigen die Entwicklung von Kurzsichtigkeit (Myopie) bei Kindern?
Die fortschreitende Kurzsichtigkeit wird in den meisten Fällen durch ein verstärktes Längenwachstum des Augapfels verursacht, bis das Auge schließlich zu lang wird (axiale Myopie). Dadurch wird das einfallende Licht nicht genau auf der Netzhaut gebündelt, sondern davor, sodass ein unscharfes Bild entsteht. Je länger der Augapfel, desto höher die Kurzsichtigkeit.
Seltener entsteht Kurzsichtigkeit durch eine zu starke Brechkraft von Hornhaut oder Linse.
Eine Verlängerung des Auges um einen Millimeter – von 23 auf 24 mm – erzeugt ca. 2,7 Dioptrien (dpt) Kurzsichtigkeit. Ab einer axialen Länge ≥ 25,5 mm liegt eine hohe Myopie vor.
Genetische Faktoren
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind kurzsichtig wird, wird zum Teil durch genetische Faktoren bestimmt und beträgt:
10 % – wenn kein Elternteil kurzsichtig ist
30 % – wenn ein Elternteil kurzsichtig ist
60 % – wenn beide Elternteile kurzsichtig sind
Sehgewohnheiten
Darüber hinaus weiß man heute, dass die Sehgewohnheiten eine wichtige Rolle spielen. Zu viel Naharbeit und zu häufiger Aufenthalt in Innenräumen scheinen das Längenwachstum des Augapfels zu fördern, Tageslicht reguliert es. Deshalb sind lange Ausbildungszeiten oft mit einem erhöhten Myopierisiko verbunden. Übrigens soll das Lesen von weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund (Kontrastumkehr) das Längenwachstum weniger anregen als der herkömmliche Kontrast.
Die Brechkraft eines optischen Systems wird in Dioptrien gemessen, abgekürzt mit dpt. Die Werte geben die Stärke der Korrektur an – also die Brillenwerte – die notwendig ist, um die Fehlsichtigkeit auszugleichen. Bei Myopie oder Kurzsichtigkeit sind diese Werte negativ. Darüber hinaus wird die Länge des Augapfels gemessen. Diese gibt Hinweise darauf, ob es sich um eine Achsenmyopie handelt. Vor allem bei Kindern ist die Achsenlänge ein wichtiger Wert, der sowohl Aufschluss über ein Fortschreiten der Myopie als auch über den Erfolg einer Therapie geben kann.
Ab -0,5 dpt liegt bereits eine Kurzsichtigkeit vor.
Ab -5 dpt spricht man von hoher Myopie mit einem hohen Risiko für pathologische Myopie.
Mittels der axialen Länge kann eine Achsenmyopie festgestellt werden.
Ab ≥ 25,5 mm liegt eine hohe Mypoie vor.
Kurzsichtigkeit bei Kindern Myopie bei Kindern korrigieren und behandeln
Je früher Kinder kurzsichtig werden, desto stärker wird diese Sehschwäche im Erwachsenenalter ausgeprägt sein, weil der Augapfel bis zum 30. Lebensjahr wächst. Um Spätfolgen von Myopie bei Kindern zu vermeiden, ist es ratsam, das Augenlängenwachstum zu kontrollieren, wenn das Auge eines Kindes stärker wächst als ein normalsichtiges Auge. Mit unserer altersangepassten Myopiekontrolle können wir die Risiken Ihres Kindes frühzeitig erkennen und gegensteuern.
Verbreitung Kurzsichtigkeit nimmt weltweit stark zu
Kurzsichtigkeit ist ein wachsendes Problem der Industrienationen. Weltweit leiden 1,950 Mrd. Menschen unter Myopie (28,3 Prozent der Weltbevölkerung) und 277 Millionen unter hoher Myopie (4,0 Prozent der Weltbevölkerung). Am höchsten ist die Prävalenz in urbanen Regionen Asiens. Dort sind zwischen 80 und 90 Prozent der jungen Erwachsenen kurzsichtig. (Stand 2020)
Auch nach den Daten des European Eye Epidemiology Consortiums sind in Europa derzeit knapp 16 Prozent der 65- bis 69-Jährigen kurzsichtig. Bei den 55- bis 59-Jährigen haben schon fast 28 Prozent mindestens -0,75 dpt und bei den 25- bis 29-Jährigen sind es gut 47 Prozent. (Stand 2015)
Das Brien Holden Vision Institute in Australien folgerte schon 2016, dass im Jahr 2050 weltweit 50 Prozent der Menschen – das sind rund 5 Milliarden Menschen – kurzsichtig sein werden und forderte aktive Maßnahmen dagegen.
Gemäß der Gutenberg-Gesundheitsstudie der Universität Mainz sind 35 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland kurzsichtig. Unter den Hochschulabsolventen verzeichneten die Forscher sogar 53 Prozent.
Risiken hoher Myopie Je höher die Myopie desto größer die Gefahr einer späteren Sehbehinderung
Bei einem zu langen Augapfel sind die einzelnen Schichten des hinteren Augenpols – die Lederhaut, die Aderhaut und die Netzhaut mit dem Pigmentepithel – je nach Achsenlänge mehr oder weniger stark gedehnt, bei hoher Myopie sind manche Stellen sogar dünner und werden nicht mehr richtig durchblutet. In der Grafik 2) sehen Sie oben eine Illustration eines gesundes Auges und darunter eine Vergrößerung der Netzhaut (gelb), Aderhaut (hellrot) mit größeren rund dargestellten Blutgefäßen und der Lederhaut (dunkelrot). Zwischen Netzhaut und Aderhaut sind das Pigmentepithel und die Bruchmembran dargestellt. Grafik 3) zeigt die durch die Verlängerung des Augapfels gedehnten und verdünnten Schichten.
Mit dem Grad der übermäßigen Dehnung des hinteren Augenpols im myopen Auge steigt das individuelle Risiko einer sekundären schwerwiegenden Augenerkrankung wie z.B. grauer Star, grüner Star oder Netzhautablösung.
Prof. Dr. Hakan Kaymak
Von hoher Kurzsichtigkeit spricht man ab einer Achsenlänge von ≥ 25,5 mm oder einer Myopie ab -5 . Diese ist eng verbunden mit verschiedenen Sekundärerkrankungen: Insbesondere das Risiko einer myopen Makuladegeneration, einer myopen chorioidalen Neovaskularisation (mCNV) oder einer Netzhautablösung nimmt mit dem Grad der Achsenmyopie zu.
Kurzsichtige Menschen mit Werten zwischen -10 und -15 dpt haben ab dem 65. Lebensjahr sogar ein deutlich erhöhtes Risiko für vorgenannte Sehbehinderungen.
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Kurzsichtigkeit (Myopie) entsteht in den meisten Fällen durch einen zu lang gewachsenen Augapfel. Ist der Augapfel einmal zu lang, schrumpft er nicht wieder. Aber solange der Augapfel noch wächst, d.h. wenigstens bis zum 20 Lebensjahr, bei manchen Menschen sogar länger, lässt sich das Wachstum des Auges eindämmen. Mehr Aufenthalt bei Tageslicht und weniger 'Naharbeit', d.h. z.B. Lesen, können dazu beitragen, das verstärkte Wachstum des Auges zu bremsen. Zusätzlich stehen heute verschiedene Therapien zur Verfügung: von speziellen DIMS-Brillengläsern über Nachtlinsen, sogenannte Ortho-K-Linsen, bis hin zu Atropin-Augentropfen.
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Ab einer Kurzsichtigkeit von -3 dpt sollten Sie einmal jährlich zur Netzhautkontrolle, damit Netzhauterkrankungen schon im Frühstadium erkannt und behandelt werden können. Mehr zur Netzhautvorsorge erfahren.
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Das Fortschreiten der Myopie nimmt zwar mit dem Alter ab, bei Universitätsstudenten und/ oder Berufstätigen, die viel Zeit mit Naharbeit und weniger im Freien verbringen, scheint darüber hinaus ein höheres Risiko für eine Progression der Myopie zu bestehen, das heißt, der Augapfel kann auch im Erwachsenenalter noch weiterwachsen.
Literaturangaben
Ophthalmology, May 2016 Volume 123, Issue 5, Pages 1036–1042
Published: April 27, 2017, PLoS ONE 12(4): e0175921 doi.org/10.1371/journal.pone.0175921.